|
Kopie der Abschrift "Die alte Kinderfrau" (Original liegt vor)
Sie möchten sich mit der Altdeutschen Schrift beschäftigen und benötigen ein weiteres, nicht ganz so einfaches Beispiel ?
Sie erhalten die 5 Seiten incl. Übersetzung kostenfrei in höherer Auflösung, einfach per eMail abfordern.
Hier kostenfrei abfordern... und Sie erhalten eine zip-Datei per eMail, meist noch am gleichen Tage.
Niedergeschrieben um 1910, gefunden in einem Briefumschlag, geschrieben auf festem Papier,
guter Zustand.
Das Besondere hier ist die niederdeutsche Mundart. Es muss also nicht nur die Altdeutsche Schrift gelesen werden können,
auch ein wenig "Plattdeutsch" ist von Vorteil, um den Text wiedergeben zu können.
Den Text dieses Polterabendgedichtes findet man sicherlich auch in Büchern oder auf Internet-Seiten. Allerdings ist die hier vorliegende Abschrift nicht getreu dem Original von Fritz Reuter.
| |
Seite 1
Die alte Kinderfrau
Ach Gödding ne, wu lang istīt her,
Doo wir dat noch son lüttes Jöhr.
Un nu istīt sone smucke Brut
Un kiekt, wo nedding süt se ut ! -
Wo ist dat doch woll möglich, neking,
Dat her ick doch min dag nicht īdacht,
Wat süt se smucking ut, herjeking,
Wat is se nüdlich herjetacht ! -
Ick hew die up den Arm rümdragen
Du oll lütt lewes, sötes Jöhr,
Bed uck tuletzt min Schüllern mör
Un sich min Buckel krum hett bögen,
Don nehmik die von den Arm heraw
Und leet die inīne Stuw rümkrawelī
Und wenn du die deest mal besawel,
Denn putzt ick die din Näsing aw.
Don hewīk die inīn Wagen führt
Und naīsten hewik die Lopen liert.
Ganz lening, lening, ganz allening
Up dine lewen flinken Bening,
Bed du so flinking lopen lierst,
As wenn duīn lütten Kiwitt wirst.
Un as du don irst lopen künnst,
Don liert ick die de schönsten Künst :
|
|
| |
Seite 2
Wo gröting büst du, Koken backen,
Solt verköpen, Hucke-packen,
Un nasten liert ick die dat Snacken.
Dat dürte denn uck gornich lang,
Don künnst du niedlich plattdütsch räden,
Doch don kem die Mama dormang.
De hett dat plattdütsch sich verbäden.
Dat müsst nu idel hochdütsch sin. -
Doch as de irst darmank is kamen,
Ach Gödding ne, wat kohlst du don tosamm,
Bed ick denn endlich insehn där
Un mi denn uk up hochdütsch lierī.
Un was du davon hast geliert,
Das käm von mich, das liert ich dich,
Das hast von mich du proventiert.
Doch das sollt wieder auch nicht gellen
Und de Mama fing wieder an zu schellen,
Das allens, was ich tät und sär,
Kein richtig hochdütsch wesen där. -
Se ließ īne Guvernantin kommen
Und die hat dich dann fürgenommen.
Doch das kann ich nu auch nich wissen,
Was du bei sie hast lernen müssen
Und was du proventiert bei sie,
Denn ich kam bei das Hühnervieh ! -
|
|
| |
Seite 3
Na, dit is väle Johren her.
Mir awer isīt, as wird irst hüt;
Sün wie irst olt, kümmtīuns so för
Und rasch vergeht uns denn de Tied. -
En Johr is gor to bald vörbi.
Unīn gistern kem nu uns Saffi,
Wat nu uns Stubenmäten is,
Un sär to mi, sär ganz gewiß,
Hier soll hüt Polterabend sün ! -
Ach Gödding ne, wo wör mi don to Sinn !
Je - wat bringst er ton Geschenke
En Angedenken. -
Der Ene danzt, der Anne singt;
Gott, un die öllern utgenommen,
Bün ick die doch de Allernächstī.
Un wenn du uck dat Schönste kreegst
Von all de finen Herrn un Damen,
Ern Gaw, de wir nich halw so grod,
As min, as dit, dat leewe Brod !
O - lacht ji nich, min Gaw ist bäder,
As all juch Silwer, all juch Gold;
O - lacht ji nich, min Gaw is gröder,
Min Brod is warm, juch Gold is kolt.
|
|
| |
Seite 4
Un weet ji, war anīn Brod all hackt ?
Väl Tränen sin herin dor backt !
Väl Tränen, de de Armut rohrt,
De sin in dit lew Brod verwohrt,
Väl Arbeit un mal surer Swet !
Un wät ji denn, wat Arbeit heit ?
Ja, Arbeit, Armut, Sorg und Not,
De sinn verbackt in dit lew Brod ! -
Det Brod is heilig, segt de Schrift
Un wenn ne ollīFru er letztes gifft,
Denn giwtīer Hart mit weg, er ganzes Läben.
Un soväl hat von juch noch keener gäben !
Un nu läw woll, min sötes Kind ! :
"Din Hart blew jung, as Sommerwind,
Din Hart blew jung as Vagelsang
Und durt din Läben noch so lang,
So still un ruhig, as de Mand,
So as de Strin anīn Häwen gahn,
So as de Wolk to Sommertied,
So as dat Sommermäten tüd,
So as dörch Gras un Blomen bunt
De Bäg sich schmiegt dörch grönen Grund,
So rein un frisch und hell un klor,
So fleht din Läben Johr für Johr !
|
|
| |
Seite 5
Läw woll ! Läw woll ! Ick bün to Enīn ! -
Uns Herrgott leeg up die sinīn Hänīn !
He hall die frie von aller Not
Un gew die stets sin däglich Brod !"
|
|
|